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Die Rückkehr des Wolfs nach Österreich verändert die Weidewirtschaft nachhaltig. Mit dem Projekt „Lebensraum- und Konfliktpotenzialmodell für den Wolf in Österreich“ liefert die Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) nun erstmals eine wissenschaftlich fundierte Grundlage, um zu verstehen, wo in Österreich der Wolf geeignete Lebensräume findet, wo Konflikte mit der Weidetierhaltung entstehen und welche Maßnahmen das Risiko verringern können.
Die Studie wurde unter der Leitung von Dr. Jennifer Hatlauf und Univ.-Prof. Dr. Klaus Hackländer durchgeführt, gemeinsam mit Matthias Amon, Luca Fuchs, Jörg Fabian Knufinke und Florian Kunz. Finanziert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft sowie den Ämtern der Landesregierungen von Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Tirol, Kärnten, Salzburg und Vorarlberg.
Lebensraum Wolf – ein Österreich-weites Bild
Die BOKU-Forscher:innen zeigen, dass der Wolf in weiten Teilen Österreichs geeignete Lebensbedingungen vorfindet. Besonders die Alpenregionen sowie das Mühl- und Waldviertel bieten ausreichend Beute, Rückzugsräume und Deckung. Die Ausbreitung des Wolfs erfolgt dabei entlang natürlicher Wanderkorridore, vor allem über den Alpenhauptkamm und angrenzende Regionen.
Anstelle starrer Abgrenzungen wie „Wolfszonen“ oder „wolfsfreie Gebiete“ plädiert die Studie für regionale Managementansätze, die ökologische Eignung, Weidedichte und gesellschaftliche Akzeptanz verbinden. Damit verschiebt sich der Fokus vom „ob“ hin zum „wie“ des Zusammenlebens.
Konflikt- und Risspotenzial: Wo die Risiken liegen
Besonders wertvoll für Praxis und Verwaltung ist das Riss- und Konfliktmodell, das die Wahrscheinlichkeit von Nutztierrissen in Abhängigkeit von Landschaft, Weidetierarten und Betriebsstrukturen berechnet. Die Ergebnisse zeigen klare regionale Unterschiede: In Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten und der Steiermark ist das Risiko für Wolfsrisse besonders hoch, vor allem in Gebieten mit Schafhaltung in Waldnähe oder auf abgelegenen Almen.
Llaut Modell gelten diese Bezirks als Hotspots: Rot wo Nutztiere extrem und Grün wo sie weniger gefährdet sind.

Also Gebiete, in denen sich geeigneter Wolfslebensraum und intensive Weidewirtschaft überschneiden. Damit liefert die Studie erstmals eine quantifizierte, österreichweit vergleichbare Gefahreneinschätzung, auf der Präventionsstrategien gezielt aufbauen können.
Herdenschutz wirkt – und verändert die Konfliktkarte
Die BOKU-Studie hat den Einfluss verschiedener Herdenschutzniveaus modelliert – von minimal bis maximal gefördert. Das Ergebnis ist eindeutig: Je konsequenter Herdenschutz betrieben wird, desto geringer ist das Konfliktpotenzial. Wo Schutzmaßnahmen fehlen, bleiben die Konfliktwerte konstant hoch – unabhängig von der Zahl der Wölfe.
Diese Modellierung belegt erstmals wissenschaftlich, dass Herdenschutz nicht nur theoretisch, sondern nachweislich messbar wirkt. Maßnahmen wie elektrische Zäune, Nachtpferche und Herdenschutzhunde senken das Risiko signifikant. Zugleich betonen die Autor:innen, dass Finanzhilfen allein nicht ausreichen: Herdenschutz erfordert auch praktische Unterstützung, Koordination, Schulung und gesellschaftliche Akzeptanz, um langfristig erfolgreich zu sein.
Monitoring: Datenlücken und Verbesserungsbedarf
Ein weiteres wichtiges Ergebnis betrifft die Qualität der Daten, auf denen das Wolfsmanagement aufbaut. Die BOKU-Forscher:innen stellen fest, dass Monitoring-Systeme zwischen den Bundesländern stark variieren und nicht flächendeckend standardisiert sind.
Das erschwert sowohl die Vergleichbarkeit der Ergebnisse als auch die laufende Überprüfung der Modelle.
Empfohlen wird daher ein bundesweit harmonisiertes Monitoring, das Wolfsnachweise, Rissereignisse und Herdenschutzmaßnahmen zentral erfasst. Nur durch eine einheitliche Datenbasis können zukünftige Modelle präziser und politisch belastbarer werden. Die Autor:innen regen zudem an, die Berechnungen regelmäßig – etwa alle drei Jahre – zu aktualisieren, um Veränderungen in Wolfsvorkommen und Weidepraxis zeitnah zu erfassen.
Blick nach vorn: Der Wolf bleibt – das Management muss sich anpassen
Die BOKU-Studie zieht ein klares Fazit: Der Wolf wird dauerhaft Teil der österreichischen Kulturlandschaft bleiben. Seine Ausbreitung verläuft stabil, und geeignete Lebensräume sind in nahezu allen Bundesländern vorhanden. Anstatt auf kurzfristige Eingriffe zu setzen, empfiehlt die Studie, den Fokus auf präventive Maßnahmen, Wissensvermittlung und flächendeckenden Herdenschutz zu legen.
Die Forscher:innen betonen, dass ein modernes Wolfsmanagement nur gelingen kann, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse, landwirtschaftliche Praxis und gesellschaftlicher Dialog zusammengeführt werden. Die Ergebnisse der Studie liefern dafür eine solide Basis – für alle, die an einer praktikablen und zukunftsfähigen Koexistenz zwischen Wolf und Weidetierhaltung mitarbeiten wollen.
Studie:
Lebensraum- und Konfliktpotenzialmodell für den Wolf in Österreich (Hatlauf, Hackländer, Amon, Fuchs, Knufinke, Kunz, Universität für Bodenkultur Wien, 2025)
Finanziert durch:
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft | Amt der Niederösterreichischen Landesregierung | Amt der Oberösterreichischen Landesregierung | Amt der Steiermärkischen Landesregierung | Amt der Tiroler Landesregierung | Amt der Kärntner Landesregierung | Amt der Salzburger Landesregierung | Amt der Vorarlberger Landesregierung
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