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Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-601/22
Eine Ausnahme von diesem Verbot zur Vermeidung wirtschaftlicher Schäden kann nur gewährt werden, wenn sich die Wolfspopulation in einem günstigen Erhaltungszustand befindet, was in Österreich nicht der Fall ist.
Mehrere Tierschutz- und Umweltorganisationen1 bekämpfen vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol (Österreich) den Bescheid, mit dem die Tiroler Landesregierung vorübergehend die Tötung eines Wolfs genehmigte. Zuvor hatte dieser etwa 20 Schafe auf Weideland getötet.
Wölfe sind nach der Habitatrichtlinie streng geschützt. Daher ist es grundsätzlich verboten, sie zu bejagen. Angesichts der Entwicklung der Wolfspopulation in Österreich und der Tatsache, dass für einige Mitgliedstaaten Ausnahmen gelten, zweifelt das Landesverwaltungsgericht Tirol an der Gültigkeit dieses Verbots. Es hat daher den Gerichtshof hierzu befragt. Für den Fall, dass er das Verbot als gültig ansehen sollte, ersucht es den Gerichtshof, die Voraussetzungen zu erläutern, unter denen eine Ausnahme von diesem Verbot und damit die Genehmigung der Tötung eines Exemplars zulässig sind.
Der Gerichtshof stellt fest, dass die Prüfung nichts ergeben hat, was die Gültigkeit des strengen Schutzes der Wölfe in Österreich beeinträchtigen könnte.
Er weist darauf hin, dass Österreich bei seinem Beitritt zur Europäischen Union 1995 keine Vorbehalte gegen diesen Schutz geäußert hatte. Soweit die österreichische Regierung davon ausgeht, dass der Unionsgesetzgeber infolge der Entwicklung der Wolfspopulation in Österreich inzwischen den strengen Schutz der Wölfe hätte aufheben müssen, steht es ihr im Grunde frei, eine Untätigkeitsklage einzureichen, was sie bis dato nicht getan hat. Der Gerichtshof betont jedoch, dass die Union an das Übereinkommen von Bern gebunden ist, das die Wölfe streng schützt. Außerdem hat die österreichische Regierung selbst eingeräumt, dass sich die Wolfspopulation in Österreich nicht in einem günstigen Erhaltungszustand befinde.
Damit die österreichischen Behörden eine Ausnahme vom Wolfsjagdverbot zur Verhütung ernster Schäden, z. B. in der Tierhaltung, gewähren können, müssen sie sicherstellen, dass folgende Bedingungen erfüllt sind:
1. Die Wolfspopulation muss sich in einem günstigen Erhaltungszustand sowohl auf lokaler Ebene (im Land Tirol) als auch auf nationaler Ebene (Österreich) befinden, was nicht der Fall ist. Außerdem, selbst wenn es der Fall wäre, müsste man sich, soweit dies die verfügbaren Daten zulassen, vergewissern, dass dies auch auf grenzüberschreitender Ebene gilt.
2. Die Ausnahmeregelung darf die Wahrung des günstigen Erhaltungszustands auf keiner dieser drei Ebenen beeinträchtigen.
3. Die ernsten Schäden müssen zumindest weitgehend dem betreffenden Tierexemplar zuzuschreiben sein. Indirekte Schäden, die nicht auf diesen einzigen Wolf zurückzuführen sind und sich aus Betriebsauflassungen und der daraus resultierenden Reduktion des Gesamt-Nutztierbestands ergeben, reichen nicht aus.
4. Es gibt keine anderweitige zufriedenstellende Lösung. In diesem Zusammenhang sind auch die wirtschaftlichen Auswirkungen anderer denkbarer Lösungen, wie z. B. Almschutzmaßnahmen, zu berücksichtigen. Sie können jedoch nicht ausschlaggebend sein. Zudem müssen die anderweitigen Lösungen gegen das allgemeine Ziel der Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Wolfspopulation abgewogen werden.
Pressekontakt: Hartmut Ost ✆ +352 4303-3255
Filmaufnahmen von der Verkündung des Urteils sind abrufbar über „Europe by Satellite“ ✆ +32 2 2964106.
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