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Tradition, Hirtenhandwerk und funktionierender Herdenschutz
Ein Erfahrungsbericht von Mirko Di Francesco aus den Abruzzen
Im Rahmen eines Fach-Webinars teilte Mirko Di Francesco, traditioneller Schafhalter aus den italienischen Abruzzen, seine jahrzehntelangen Erfahrungen mit Herdenschutz in einem der wolfreichsten Gebiete Europas. Sein Familienbetrieb schützt über 1.400 Schafe – seit zehn Jahren ohne Verluste durch Wölfe. Was nach Utopie klingt, ist in seinem Fall gelebte Realität.
Drei Herden, drei Ablammzeiten – klare Struktur für mehr Übersicht
Der Betrieb nahe Serramonacesca ist in drei Herden gegliedert, entsprechend einer gestaffelten Ablammung. Dadurch kann jede Gruppe individuell geführt und betreut werden.
Zwei Vollzeithirten betreuen jeweils rund 400 Schafe. Der Tag beginnt mit händischem Melken – Maschinen gibt es auf dem Hof nicht. Anschließend gehen die Tiere auf die umliegenden Weideflächen.
- Winterweide: In den Tallagen rund um den Nationalpark Majella
- Sommerweide: Auf den Hochlagen über 2.000 m Seehöhe
Am Abend kehren die Herden in die Nachtpferche zurück – gesichert mit 1,40 m hohen Netzzäunen und 8.000 Volt Stromspannung. Diese dienen nicht primär der Wolfsabwehr, sondern der Strukturierung der Herdenführung und der Orientierung der Herdenschutzhunde.
Regelmäßiger Wolfskontakt – kein einziger Riss
Trotz wöchentlichem Kontakt mit Wölfen kam es seit zehn Jahren zu keinem einzigen Schaden.
Mirko verdankt diesen Erfolg einem fein abgestimmten Schutzsystem:
- Pro Herde: mindestens acht Maremmano-Abruzzese Herdenschutzhunde
- Zusätzlich: zwei bis drei Hütehunde
- Nachts: junge Hunde (unter 12 Monate) im Pferch, erfahrene Hunde außen zur Patrouille
Die Hunde arbeiten selbstständig, ohne ständige Anleitung, und wachsen von klein auf in der Herde auf. Gefüttert werden sie mit Molke, Brot, Fleisch und bei Bedarf Hundefutter. Die Hunde gelten als gleichwertige Partner im Betriebsalltag.
Handgemachter Käse, direkter Vertrieb
Bis zu 200 Liter Schafmilch pro Tag werden auf dem Hof verarbeitet – ausschließlich von Hand. Mirkos Mutter stellt Pecorino in verschiedenen Reifestufen sowie frischen Ricotta her, die direkt im Hofladen und über Direktlieferung an Endkund:innen verkauft werden.
Auch das Lammfleisch – bis zu 1.000 Tiere pro Jahr – wird direkt an ausgewählte Restaurants vermarktet, insbesondere zu Ostern und Weihnachten. Ein beeindruckendes Beispiel für qualitätsbasierte Direktvermarktung.
Lämmermanagement mit Weitblick
Nach der Geburt werden die Lämmer sofort in den Stall gebracht, wo sie gemeinsam mit den Mutterschafen acht Wochen bleiben.
Bereits ab der zweiten Woche beginnt ein dritter Hirte damit, die Mutterschafe tagsüber ohne Lämmer auf die Weide zu führen. Das entlastet die Mütter, fördert die Milchleistung – und schützt die Jungtiere.
Mirkos Botschaft: „Herdenschutz braucht Zeit – und Weitblick“
Am Ende des Webinars richtete Mirko eine klare Botschaft an alle Betriebe im deutschsprachigen Raum:
„Herdenschutz ist kein Projekt, das man einmal umsetzt – es ist ein System, das über Jahre wächst und gepflegt werden muss.“
„Wer Herdenschutzhunde einsetzen will, muss bereit sein, sie wie Kolleg:innen zu behandeln – mit Respekt, Konsequenz und täglicher Präsenz.“
Und sein warnender Hinweis:
„Wer mit Herdenschutz erst beginnt, wenn der Wolf schon in der Nachbarschaft steht, ist vier Jahre zu spät.“
📌 Fazit:
Mirkos Ansatz zeigt eindrucksvoll, dass funktionierender Herdenschutz möglich ist – wenn er frühzeitig, durchdacht und mit Respekt gegenüber Tier und Landschaft umgesetzt wird. Seine Kombination aus Tradition, Struktur und Praxiswissen ist ein wertvoller Beitrag für alle, die eine nachhaltige Weidetierhaltung auch in Wolfsgebieten anstreben.
📅 Datum: 19. Februar 2025
⏰ Uhrzeit: 19:30 – 21:00 Uhr
📍 Online via Zoom
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