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In der Studie „Does Wolf Management in Latvia Decrease Livestock Depredation?“ von Šuba et al., veröffentlicht 2023 im Fachjournal Sustainability, wird untersucht, ob die seit 2004 praktizierte Wolfsbejagung in Lettland einen messbaren Einfluss auf die Anzahl der Nutztierrisse hat. Die Forscher analysierten umfassende Daten aus 19 Jahren (2004–2022) zu Wolfsdichte, Jagdquoten, Altersstruktur der Tiere, Verfügbarkeit von Wildtieren als Beutetiere, Schafdichte sowie zum Einsatz von Schutzmaßnahmen auf Weiden.
Zentrale Ergebnisse:
- Keine Wirkung der Jagd auf die Reduktion von Nutztierrissen:
Die Auswertung zeigt, dass die Anzahl an Wolfsangriffen auf Schafe nicht sinkt, wenn mehr Wölfe geschossen werden. Im Gegenteil: In Jahren mit höherem Anteil an getöteten Wölfen (Culling Rate) stieg die Zahl der Angriffe sogar leicht an. Die Autoren vermuten, dass insbesondere der Abschuss erwachsener Tiere zur Destabilisierung der Rudelstruktur führt. Dies kann dazu führen, dass unerfahrene Jungtiere auf Nutztiere ausweichen, weil ihnen die Jagderfahrung auf Wild fehlt. - Zunehmende Schäden pro Angriff:
Während es zu Beginn des Erhebungszeitraums durchschnittlich 2,6 betroffene Schafe pro dokumentiertem Angriff gab (2004–2009), stieg dieser Wert in den letzten Jahren (2017–2022) auf durchschnittlich 5,5 Tiere. Auch dieser Anstieg wird statistisch signifikant bestätigt und deutet auf eine Verschärfung des Problems hin – trotz gleichbleibender oder sogar steigender Jagdintensität. - Angriffe konzentrieren sich auf Sommer und Herbst:
Die meisten Übergriffe finden in den Monaten Juli bis Oktober statt – also während der offenen Jagdsaison in Lettland. Dies ist insofern problematisch, als gerade zu dieser Zeit die Rudel auf funktionierende Sozialstrukturen zur Aufzucht der Jungen angewiesen sind. Der Verlust erwachsener Tiere kann hier negative Effekte auf das Verhalten des Rudels haben. - Fehlende Präventionsmaßnahmen als Hauptursache:
Ein besonders aufschlussreicher Aspekt der Studie betrifft die Schutzmaßnahmen auf betroffenen Weiden. In 35,8 % der dokumentierten Fälle wurden keine Schutzmaßnahmen eingesetzt. In weiteren 52,6 % wurden ungeeignete Methoden angewandt – darunter zu niedrige oder zu schwache Zäune oder angekettete Hunde. Nur 2 % der betroffenen Betriebe nutzten tatsächlich empfohlene effektive Schutzmaßnahmen wie ausreichend hohe, mehrdrähtige Elektrozäune oder Hirtenbegleitung. - Weitere Einflussfaktoren:
- Die Zahl der Angriffe korreliert mit der Schafdichte in einer Region: Wo mehr Schafe gehalten werden, treten mehr Risse auf.
- Die Wilddichte hatte keinen eindeutigen Einfluss – mit Ausnahme der Rotwilddichte, bei der höhere Bestände mit leicht höheren Risszahlen korrelierten. Eine mögliche Erklärung ist die Verdrängung von Rehen, die eigentlich Hauptbeute der Wölfe sind, durch das stärker konkurrenzfähige Rotwild.
Schlussfolgerung:
Die Autoren kommen zu dem klaren Fazit, dass das derzeitige Wolfsmanagement in Lettland – mit hohem Jagddruck und fehlenden Förderungen für Herdenschutz – nicht geeignet ist, Nutztierrisse zu reduzieren. Stattdessen empfehlen sie:
- Investitionen in effektive Schutzmaßnahmen (z. B. Elektrozäune, Herdenschutzhunde, Hirten),
- Subventionen und Schulungen für Tierhalter:innen,
- sowie eine Neubewertung der Bejagung im Sinne eines funktionierenden Rudelmanagements.
Die Ergebnisse sind auch für andere europäische Länder von hoher Relevanz, insbesondere dort, wo Herdenschutzmaßnahmen bislang noch wenig gefördert werden und Jagd als primäres Steuerungsinstrument gilt.
Literatur:
Šuba, J. et al. (2023). Does Wolf Management in Latvia Decrease Livestock Depredation? An Analysis of Available Data. Sustainability 15(11), 8509.

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