This post is also available in: English Italiano
Die Schafe knabbern die grünen Spitzen von Gräsern und Wegerichen ab, noch ist es ziemlich braun und trocken am Etschdamm zwischen Bozen und Pfatten. Daniel und Sandra betreiben eine Art von Wanderschäferei entlang der Etsch, wo auch der Fahrradweg verläuft: Sie halten seit Dezember die Vegetation an den Böschungen zurück, lassen das vertrocknete Gras abfressen. So bleiben ihre 150 Brillenschafe mit den Lämmern und Herdenschutzhunden im Freien und suchen ihr Futter selbst, den Sommer verbringen sie auf einer Hochalm, den Rest des Jahres am Damm. Außer es fiele viel Schnee, was in Südtirol im unteren Etschtal selten eintritt. Hirtin und Hirte stehen vom Morgen bis zum Abend bei der Herde, er am oberen Ende, sie am unteren oder umgekehrt. Die schwarzen Lagorai-Hunde schicken sie hin und her, um die Schafe davon abzuhalten, den Kopf in den Weinberg zu strecken oder durch die Leitplanken der Straße zu schlüpfen.
Hat die Herde einen Streifen abgefressen, brechen die Hirten zum nächsten Abschnitt auf. Ganz vorne geht Daniel, vor ihm und daneben seine dunklen Herdenschutzhunde Pastore della Sila und einige Treibhunde, es folgen die Schafe, die Lämmer, ein paar Ziegen, die als Ammen für Zwillingslämmer dabei sind und die Eselin. Sie trägt Zaunrollen oder sehr kleine Lämmer, wenn sich die Herde im steilen Gelände bewegt. Mitten im Zug trottet die ältere Hündin, ein Maremmano Abruzzese, hinten die Mutterschafe mit Nachwuchs und ein Lamm mit geschientem Bein. Sandra schaut, dass niemand zurückbleibt.
Eine Spur vom Schafzug bleibt! Braune Kügelchen, sie glänzen in der Sonne. Ein Radfahrer regt sich deswegen auf, aber Daniel, der nie ein Wort zu viel sagt, kommentiert: „Das sind unsere Faschingskonfetti, biologisch 100% abbaubar!“ Sandra hat längst den Blaser aktiviert, um die Köttel vom Radweg in die Straßenböschung zu schleudern. Vorbei sind die Zeiten, wo die Bauern vertraglich Umwege festlegten, damit die Herden ihre Äcker, Wiesen und Weiden düngten.
Die Beweidung am Etschdamm ist ein Pilotprojekt des Amtes für Wildbach-und Lawinenverbauung Süd, Autonome Provinz Bozen-Südtirol.