Ablauf der thematischen Konferenz “Schutz der Herde für Rinder und Pferde”

Die Beiträge sind demnächst als PDF und Mitschnitt abrufbar.

Die beiden Konferenztage des LIFEstockProtect Projektes war gut gefüllt mit vielfältigen Beiträgen aus Forschung, Verbänden und einzelnen Tierhaltern. Gerade letztere sollten in diesem Tagungsformat zu Wort kommen und aus ihrem Erfahrungsalltag der Weidetierhaltung und des Herdenschutzes berichten. So verschieden wie die Beträge waren auch die Präsentationsformen und so gab es trotz langer Tage ein abwechslungsreiches Programm mit Interviews, Gesprächsrunden, Bildpräsentationen und kurzen Videos.

250 Teilnehmer hatten sich zur 2 tägigen online Konferenz angemeldet und schalteten sich, auch abhängig von ihrer Verfügbarkeit zum alltäglichen landwirtschaftlichen Arbeitsalltag, zu. Zusätzlich haben über 1000 Personen auf Facebook die Übertragung zugeschaut. So sehr die Organisatoren bedauern, dass die Tagung gänzlich auf online umgestellt werden musste – dieses Format ermöglichte vielen Teilnehmern ein Zuhören nebenbei oder auch nur zu einzelnen Themenblöcken und wurde positiv bewertet.

Martin Hermle führte als Moderator durch die Tagung, unterstützt von Gwen Manek, Christopher Schinagl, Victoria Steckhan, Katharina Mikschl und Stefanie Morbach, sowie einem hervorragenden Team für die Simultanübersetzung in Deutsch, Englisch und Italienisch.

Konferenz Tag 1 – Herdenschutz in der Rinder- und Pferdehaltung

Theatralisch aufbereitet und dennoch mit wissenschaftlichen Erkenntnissen gespickt führte die Schauspielerin Barbara Geiger mit Wissen rund ums Rind in den Tag ein.
Otto Gasselich überbrachte Grußworte des hauptverantwortlichen Projektpartners und Antragstellers Bio Austria Niederösterreich/Wien.

Richard Mergner vom BUND Naturschutz in Bayern und Oliver Allettsee vom Bioland Bayern betonten die Absicht und die Gedanken zu diesem Kooperationsprojekt: Weidetierhaltung weiterhin fördern, Tierarten und Lebensräume dadurch erhalten und wie in vielen anderen Bereich auch die Zusammenarbeit von Naturschutz und Landwirtschaft zu stärken und für gemeinsame Anliegen und Forderungen nutzen. Es folgte einen Ein- und Überblick über das Projekt und die Partnerschaft innerhalb der Regionen Bayern, Osterreich und Italien.

Herdenschutz in der Rinderhaltung

Siegfried Steinberger vom Bayerischen Landesamt für Umwelt gab einen guten Rundumblick zur Rinderhaltung in Bayern und deren Entwicklung gerade im Hinblick auf die Bedeutung der Weidehaltung. Dr. Igor Khorozyan, ehemaliger Mitarbeiter der Universität Göttingen und nun jetzt freier Berater für Säugertier Wissenschaft und Artenschutz, berichtete mit seiner Studie über die Effektivität von Herdenschutz bei Rindern gegenüber Wölfen. Hierfür wurde ein online Tool zu Einschätzung eingerichtet.

Norbert Böhmer, Landwirt mit Mutterkuhhaltung und Selbstvermarkter aus Oberfranken gab im Gesprach mit Moderator Martin Hermle einen Einblick in seinen Arbeitsalltag. In der anschließenden Gesprächsrunde berichtetet er zusammen mit Julian Stöger, Milchviehbetrieb Allgäu, und Tobias Windmaißer, Milchvieh und Rinderbetrieb Niederbayern, von seinen Betriebsaufstellungen. Die Herdenschutzmaßnahmen und –wege sind unterschiedlich aufgebaut. Die Landwirte tauschten sich über eigene Erfahrungen und Umsetzungen, Herausforderungen und grenzen im Herdenschutz aus.

Herdenschutz in der Pferdehaltung

Sabrina Ostfalk, Pferdebetrieb Oberfranken, gab als Pferdehalterin und in Stellvertretung für den Vereinigung Freizeitreiter Deutschland e.V./VFD Bayern einen Überblick der Pferdehaltungsformen in Bayern. Im Hinblick auf Anwesenheit des Wolfes gab Ostfalk einige Punkte zu Bedenken und leitete damit unmittelbar zu den folgenden Referentinnen über.

Prof. Konstanze Krüger von der Hochschule Nürtingen-Geislingen ging auf das Verhalten von Pferden bei Wolfspräsenz ein. Zunächst beleuchtete sie das Verhalten und die Gefahren für wildlebende Pferde. Als Schutzmaßnahmen wurden Aufstallen über die Nachtstunden, abweisende Zäune und der Einsatz von Herdenschutzhunden als effektivste Maßnahme herausgestellt.

Unmittelbaren Einblick in einen Pferdebetrieb im Wolfsgebiet gab Verena Elscher vom Heide Trail Dolle. Sie betreibt mit ihrem Mann einen Pensions- und Wanderritt Stall in Sachsen-Anhalt. 20 Pferde leben hier zeitweise auch mit Fohlen bei Fuß. Auf dem benachbarten Truppenübungsplatz sind derzeit zwei Wolfsrudel mit für das Monitoringjahr 2020/21 insgesamt sieben Alt- und Jungtieren und neun Welpen dokumentiert. Auf dem Betrieb werden die Weiden bestmöglich durch Stromzäune nach Herdenschutzvorgaben gesichert. Außerhalb gab es noch keine Zwischenfälle.

Sonja Schütz vom VFD Bundesverband stellte das Projekt Pferd und Wolf vor zu dem sich unter Euro Large Carnivore mehrere Verbände und Institutionen zusammengeschlossen haben. Frau Schütz gab einen Zusammenfassung der in Deutschland offiziell dokumentierten durch Wölfe getöteten und verletzten Ponys, Fohlen, Pferde bis zum Monitoringjahr 2020/21. Größere Gruppen, gemischtaltrige Weidegruppen, besonderer Schutz der Fohlen (kein Abfohlen auf Weiden ohne Schutzmaßnahme) und ein guter Stromzaun sind wirksame Faktoren zum Schutz der Pferde. Bei Wolfsgegegnungen wird empfohlen nicht davonzureiten, sondern ruhig auf den Wolf zuzureiten bzw an ihm vorbeizureiten. Für Pferde ist diese Begegnung wie mit einem streunenden Hund.

Anschließend an die Einblicke des Nachmittages mit dem Schwerpunkt „Herdenschutz und Pferdehaltung“ gab es weiteren Input in der Gespärchrunde zu der neben den referentinnen die Pferdezüchterin Nicole Votz aus dem Cheimgau dazu stieß. Sie hält seit 10 Jahren Herdenschutzhunde in ihrer Zuchtguppe Tinker und Mini Shetties. Sie ging nochmal explizit auf die Herausforderungen bei der Integration, aber auch der Haltung und dem gesellschaftlichen Umgang ein, resümierte aber, dass sie weiterhin mit den Hunden arbeiten will und diese nicht missen möchte.

Einen schönen zusammenfassenden Abschluss fand der Tag Herdenschutz in der Pferde und Rinderhaltung mit dem Vortrag von Simone Angelucci vom Nationalpark Majella in den Abruzzen. Hier leben 10 Wolfrudel, gleichzeitig weiden hier Schafe und Ziegen frei, begleitet durch Hirten, Hunde und zumeist Herdenschutzhunde. Übergriffe können nicht gänzlich verhindert werden, die Schutzmaßnahmen machen aber weiterhin eine Beweidung der Flächen möglich.

Tag 2 – Herausforderungen im Herdenschutz, Förderung und Maßnahmen

Herdenschutzförderung

Katrina Marsden, adelphi, informierte über die EU Plattform für eine Koexistenz von Mensch und großen Beutegreifern und den komplexen Bereich der Herdenschutzförderung, Gelder und Möglichkeiten von Seiten der EU (GAP/Gemeinsame Agrarpolitik).Herdenschutz Förderung kann aus der Säule 2 zur Kofinanzierung abgerufen werden. Weideprämien, Material, Behirtung, Einsatz von Hunden (Kauf und laufende Kosten), Technische Hilfestellungen können finanziert werden. Die einzelnen Länder rufen die Optionen unterschiedlich ab. Neuerungen für 2023-2027 wurden vorgestellt.

Pascal Grosjean, von der Direction regionale de iálimentation de lágriculture et la foret, schloss sich mit den Möglichkeiten der Förderung, dem Umgang und der Umsetzung in Frankreich an und zeigte hiermit ein Beispiel in welchem Umfang die Gelder verwendet werden können. Er ging dabei auch auf Wolfspopulation, Schäden, Herdenschutz und Wolfsmanagement ein. Zukünftig soll u.a. eine Datenbank für Herdenschutzhunde komplimentiert werden um mit diesen gezielt besser arbeiten zu können., das Monitoring der Wolfe soll verbessert werden.

Von Gwen Manek moderiert startete die Gesprächsrunde Herdenschutz-Förderung mit kurzen Überblicken aus den Regionen Südtirol, Bayern und Österreich. In der erweiterten Gesprächsrunde waren zwei Experten aus dem bayerischen Umweltministerium) zugeschalten. Reger Austausch zur unterschiedlichen Handhabungen beim Abruf und zur Bereitstellung von Herdenschutzförderung kam auch durch Nachfragen und Mitwirken der Zuhörer zustande. 

Herdenschutzherausforderungen und Möglichkeiten

Prof. Markus Röhl (Hochschule Nürtingen) gab einen Einblick in das Projekt Herdenschutz an Deich und Steilhang. Dazu wurden Betriebe mit herausfordernden Topographien oder Anforderungen (Tourismus) besucht und dokumentiert. Hang, Relief, Bodenbeschaffenheit aber auch touristische Nutzung sind Herausforderungen im Herdenschutz. Mögliche Lösungsansätze oder Erleichterungen wurden genannt; im Einzelnen wurden Vor- und Nachteile oder auch Begleiterscheinungen von Herdenschutzmaßnahmen und Förderung aufgezeigt.

Dr. Christian Mendel von der Landesanstalt für Landwirtschaft in Grub stellte das Beweidungskonzept und die Herausforderungen auf einer Alm in Unterwössen vor. Hier haben sich vor Jahren Alpine Steinschafzüchter zusammengefunden, um Jungböcke artgerecht aufzuziehen und so u.a. die Leistungskriterien der Zucht zu verbessern.

Einblick in die herausfordernde Beweidung am Stilfser Joch gab ein kurzweiliges Interview mit Schäfermeister Thomas Schranz (Tirol) und Almmeister Josef Ortler (Südtirol). Sie berichteten über die Herausforderungen, Vorarbeiten und Unwegsamkeit in Vorbereitung und Durchführung. Ohne große Zwischenfälle und Schäden verlief das Jahr gut. Die Herde am Stilfser Joch betreute die Hirtin Celia Martinez Aragon, die im Anschluß über ihren Weidegang und Hirtinnenleben berichtete. Selbst nicht aus der Landwirtschaft kommend begeistert sie sich seit Jahren für diese Herausforderung, bildet sich fort und bringt ihr Wissen mit Nutztieren und Hunden weiter ein.

Der Vorsitzende der AG Herdenschutzhunde, Knut Kucznik, präsentiere seine Arbeit mit Herdenschutzhunden in Brandenburg inmitten der Wolfsgebiete. Herdenschutzhunde werden bei unterschiedlichen Weidetierarten von Huhn bis Pferd eingesetzt, eine besondere, aber mögliche, Herausforderung kann die Vergesellschaftung mir Rindern sein. Herdenschutzhunde funktionieren gut, dafür ist aber insbesondere eine gute Information, Ausbildung und Begleitung der Halter wichtig.

Mauro Belardi, ELIANTE, berichtete über die Freiwilligenarbeit „Pasturs“. Hier werden Freiwillige ausgebildet und arbeiten dann in längeren Einsätzen unterstützend auf Weiden und Höfen mit. Voraussetzung ist, dass mindesten eine Herdenschutzmaßnahme bei der Nutztierhaltung umgesetzt wird. Die Helfer unterstützen im gesamten Tagesauflauf des Hirten. Auch die Kommunikation mit Touristen und das Zusammenbringen der Freiwilligen und der Schäfer ist wichtig und fördert so das gegenseitige Verständnis.

Oliver Häußler, Student an der Hochschule Weihenstephan/Triesdorf, präsentierte das Studenten-Projekt zum Einsatz von Mährobotern bei der Freihaltung von Weidezäunen. Abschließend stellte Dr. Hannes König das Bundeszentrum Weidetier und Wolf vor, dessen Aufgaben und Anliegen in einem bundesweiten Kontext Herdenschutz umzusetzen. Die Konflikte sollen durch Zusammenarbeit verschiedener Akteure minimiert werden.

Wir danken allen beteiligten Referentinnen und Referenten für ihre Fachvorträge, ihr Engagement und ihren Beitrag zum Gelingen dieser Konferenz.

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